Ein Regenbogen über der Mauer
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Mein Mauerfall. 25 Jahre danach.

Im Oktober 1989 war ich zum ersten Mal in Berlin, zum West-Weltstadtluftschnuppern. Damals noch mit der Pan-Am. Die gibt es auch nicht mehr.

Ich habe die Mauer gerade noch in ihrer trennenden Brutalität erlebt, im Blick von den Aussichtsplattformen am Brandenburger Tor und neben dem Gropius-Bau. Ein ähnliches Gefühl hatte ich erst 2009 wieder, als ich auf dem Gelände der Vereinten Nationen in Panmunjom aus Süd-Korea in den Norden blickte. Und dann 2012 im Banksy-Shop direkt an der Mauer in Bethlehem.

West-Berlin war für mich eine Insel der Ruhe vor dem Sturm. Am 18. Oktober saß ich zum Mittagessen mit meiner Schwester und meiner Mutter, die aus Schwerin stammt und 1955 die DDR verlassen konnte, im Kaffee Kranzler auf dem Ku’Damm. Ich konnte die damals noch vorhandene große Infowand am Haus gegenüber sehen, meine Schwester und meine Mutter nicht. Als ich las, daß Erich Honecker offenbar entmachtet worden war, konnte es meine Mutter nicht glauben. So erging es vermutlich vielen.

Just an diesem Tag, machten wir nach dem Mittagessen eine organisierte Stadtrundfahrt durch Ost-Berlin. Zwangsumtausch, Treptower-Ehrenmal, Pergamon-Museum und Kaffee und Kuchen. Letzteres war schon nicht mehr plangemäß durchführbar, zu viele der Mitarbeiter des staatlichen Bewirtungsbetriebs waren dem Ruf der Freiheit Richtung Ungarn gefolgt. Zerfall und Neuanfang waren hier fast schon mit beiden Händen greifbar, während sich die SED Spitze verzweifelt um Egon Krenz scharte. Auf dem Rückweg in den Westen wurde der Bus 45 Minuten untersucht. An einer Grenze, die es in dieser Form nur noch wenige Tage geben sollte.

Im Juni 1990, eine Woche vor der Wirtschafts- und Währungsunion der beiden deutschen Staaten, war ich zum zweiten Mal in Berlin. Diesmal lief ich durch das Brandenburger Tor. Und auf dem Weg nach Potsdam wurden nicht mal mehr unsere Pässe kontrolliert.

Heute bin ich relativ oft in Berlin. Weil zusammengewachsen ist, was zusammen gehörte. Es gibt zweifelsohne immer noch Dinge und Ansichten, die den Osten und den Westen Deutschlands voneinander trennen, insbesondere in Berlin. Aber eine Mauer ist es nicht mehr. Nicht in der Stadt, und nicht in den Herzen.

Auf Europa. Auf Deutschland. Auf Berlin. Arm, sexy, aber vereint. Und darauf, daß eines Tages nirgendwo auf der Welt mehr Familien, Freunde und Liebende von Mauern und Grenzen auf Karten und in Köpfen getrennt werden.

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