Im vergangenen April, auf der Republica 2009, habe ich Stefan Niggemeier nach der gnadenlos langweiligen Blogger vs. Journalismus-Diskussion zwischen zwei Radiointerviews zum Thema noch gefragt, ob es ihn nicht langweile, seit Jahren mit den gleichen Leuten immer die gleichen Dinge zu diskutieren. Er meinte schlicht – “ja”.
Aber er begreift diese Diskussionen wohl auch als eine Art öffentliche Dienstleistung, als Bohren verdammt dicker Bretter vor den Köpfen mancher Menschen, die immer größere Schwierigkeiten haben, die sich progressiv virtualisierende Realität in ihre mentalen Interpretationsschemata zu pressen, so wie sie das beim Ausdrucken von Netzinhalten auf Din-A4-Seiten versuchen. Das Netz hat halt keine Seitenbegrenzungen.
Die Überwindung dieses konzeptionellen Grabens und die zumindest tendenzielle Beantwortung der wirtschaftlichen und sozialen Fragestellungen, die sich aus der Digitalisierung, dem Informationsparadoxon und der so immer schlechter funktionierenden “unsichtbaren Hand” des Marktes ergeben sind eine Generationenaufgabe, in der man Redundanz vermutlich vor allem als eine Art kognitives Stützrad ansehen muß. In der Wiederholung liegt zumindest ein Teil der Kraft, denn Ideen, die sich nur als Folge von Zeichen, nicht aber in Köpfen manifestieren, sind eigentlich keine. Die Annahme der Aufgabe, mit Redundanz mentale Überzeugungsarbeit zu leisten, ist daher auch ein Zeichen der Anerkenntnis von gesellschaftlicher Verantwortung.
Der Weinerlichkeit des Heidelberger Appels und der Hamburger Erklärung wird heute von einigen Journalisten und Bloggern eine Alternative entgegengesetzt, die Handlungs- und Gestaltungsfähigkeit annimmt, und nicht den Untergang des Abendlandes, sollte bei diesem Internet nicht bald mal jemand den Stecker ziehen. Steht nix Neues drin, klar, und Probleme werden darin auch nicht gelöst. Wie auch? So geht das eben nicht. Das ist ja gerade der problematische Punkt an der Sache.
Aber das Manifest ist – wie die Piratenpartei und wie der Kulturkampf um die Netzsperren in diesem Sommer – ein Zeichen für die in meiner Generation wachsende Erkenntnis, daß man sich nicht mehr unter Berufung auf vermeintliche oder tatsächliche superiore Sachkenntnis oder die nicht seltene Unterträglichkeit von institutionellen Auseinandersetzungen aus diesen heraushalten darf. Der Preis wäre zu hoch.
Und daher werde auch ich das an sich redundante Internet-Manifest mitzeichnen, sobald es die Möglichkeit dazu gibt.