Harvey Weinstein - By David Shankbone [CC BY 3.0 (https://creativecommons.org/licenses/by/3.0)], from Wikimedia Commons
dating and gender, philosophy, Politik, post-modernism, Science, sex

Harvey Weinstein, Recht, postmoderne Realitätsforschung und Intersektionalismus.

Anscheinend steht der #metoo-Prozess gegen Harvey Weinstein vor der Einstellung.

Das ist einerseits überraschend, weil die Darstellung der Fälle in der Berichterstattung eigentlich keine Zweifel zuließ. Anderersits muß das positive Recht und seine Mechanismen der Objektifizierung von subjektiven Tatbeständen immer Striche ziehen, die wohl nie der Wahrnehmung einzelner Beteiligter entsprechen können.

Die FAZ schreibt

“Auf Antrag der Staatsanwaltschaft hatte das Gericht schon einige Tage zuvor einen der sechs Anklagepunkte fallenlassen. Die Ankläger erreichte eine schriftliche Stellungnahme der früheren Nachwuchsschauspielerin Lucia Evans. Darin beschrieb Evans den Oralsex mit Weinstein in dessen Büro im New Yorker Viertel Tribeca als einvernehmlich. Die Darstellerin soll sich von der sexuellen Begegnung vor 14 Jahren eine Filmrolle in einem Horrorfilm oder einer Romantikkomödie erhofft haben. Das Problem? In einem Interview mit dem „New Yorker“ vor einem Jahr hatte Evans anstelle des sexuellen Entgegenkommens einen Übergriff durch Weinstein geschildert. „Er zwang mich, Oralsex an ihm vorzunehmen. Ich sagte immer wieder, dass ich nicht wollte und er aufhören sollte“, erinnerte sich Evans damals.”

Interessanterweise ist die Begründung für das sukzessive Verschwinden von Anklagepunkten eben genau der Tausch von Sex gegen Rollen, der eben entweder Ausdruck von Missbrauch oder von Freiwilligkeit sein kann, je nachdem, wie man die Handlungsfähigkeit der Beteiligten für das Tauschgeschäft beurteilt.

Während in diesem Zusammenhang die bekannte australische Feministin Germaine Greer von “Freiwilligkeit” der Schauspielerinnen beim Tausch sprach, was ihr einen Sturm der Entrüstung einbrachte, wird der die #metoo-Bewegung tragende, intersektionale, auf “Machtverhältnisse” fixierte, momentan dominante Feminismus schon die Möglichkeit der Instrumentalisierung von Sexualität als Tauschgegenstand notwendig einen Ausdruck von Unfreiwilligkeit und Machtmissbrauch sehen.

Dieser Feminismus hat nämlich ein logisches Problem mit der theoretischen Konstruktion der Handlungsfähigkeit von Frauen, bzw. der Etablierung von Kontingenzen, in denen Frauen Handlungsfähigkeit zugesprochen wird, in einem aus seiner Sicht “männlichen” System. Katherine MacKinnons quasi-marxistische Rechtsphilosophie steht hier Pate – gerade das Rechtssystem ist ihr zufolge eben nicht unparteiisch, sondern “männlich” geprägt, weswegen Frauen in diesem System grds. nicht in der Lage sein können, freiwillig zu handeln. Ihre diesbezüglich logisch konsequente Position hat ihr oft Kritik eingebracht, weil sie so konsequenterweise auch *jede*, auch aus Sicht von Frauen eigentlich freiwillige, sexuelle Interaktion mit Männern als “vergewaltigungsähnlich” bezeichnen musste.

Und letztlich geht es doch bei #metoo um genau diese Frage: auf Basis welcher Annahmen über das “allgemeine machtpolitische Klassenverhältnis” von angenommenen Frauen und Männern kann man, muss man, welche handlungsbezogenen Ansprüche an das Verhalten von Frauen und Männern im Umgang miteinander stellen?

Die Frage ist tatsächlich höchst relevant, und die zu erwartende weltweite Empörung, sollte der Fall Weinstein tatsächlich nicht rechtlich zu fassen sein, sollte sie ins Zentrum der Debatte stellen. Aber sie eben ist mit dem theoretischen Rüstzeug des diese Diskussion aktuell dominierenden Intersektionalismus schlicht nicht zu beantworten. Und vielleicht wäre die Beantwortung auch gar nicht gewollt, weil sie zu viele Weltbilder, bei zu vielen Beteiligten auf allen Seiten, ernsthaft in Frage stellen würde.

Im November findet in der Akademie der Wissenschaften Mainz eine – allgemeiner gefasste – Diskussion über diese Frage statt, an der unter anderem die Verfassungsrichterin Susanne Baer teilnimmt, die bei Katherine MacKinnon studiert hat. Ich bin gespannt, was ihre Antwort auf das Dilemma ist.

https://www.facebook.com/events/2218743294866859/

Vielleicht ist der Termin ja noch für andere interessant.

Crossposted, ggf. Kommentare vorhanden: https://www.facebook.com/tobias.schwarz/posts/10158163458184062

Bildquelle / Image source: By David Shankbone [CC BY 3.0 (https://creativecommons.org/licenses/by/3.0)], from Wikimedia Commons

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Taken by Apollo 8 crewmember Bill Anders on December 24, 1968, at mission time 075:49:07 [1] (16:40 UTC), source: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:NASA-Apollo8-Dec24-Earthrise.jpg
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Neue Männer im Mond.

Leider schafft es Justus Benders in der FAZ erschienene Artikel zum Thema Männerbild der AfD nicht, zu den fundamentalen Fragen vorzustoßen, die sich in der Thematik verbergen.

Vor einigen Jahren schrieb der Rechtsintellektuelle Götz Kubitschek einen kurzen Text namens “Provokation”, in dem er auch auf das Thema des hier verlinkten FAZ-Artikels Bezug nahm, die Frage von Männlichkeit, bzw. ihre wohl dekadenzgeschwächte Seinskraft. Dort heißt es unter anderem –

“[S]elbst die jungen Hartz-IV Empfänger schimpfen sitzend, bei Laune gehalten durch ein warmes Wohnzimmer, Nachschub an Fraß und Flüssigem, eine Spielkonsole, Fernseher, DVD-Gerät, und der Möglichkeit, dank der Pille folgenlos die Restenergie über der Freundin zu entladen”


Etwa zur gleichen Zeit schrieb der Philosoph Michael Groneberg in einem Aufsatz mit dem Titel “Bullenmänner – Zur Biologisierung männlichen Begehrens” (Groneberg, M., Hrsg. (2006), Der Mann als sexuelles Wesen: zur Normierung männlicher Erotik, Paulusverlag, Freiburg Schweiz, pp 5-36), ebenfalls über Männlichkeit und ihre zivilisatorische Zwangslage –

“Das «Droben», der Himmel wird zum Weltall, der Geist säkular und Gottes Tod wird verkündet. Mit zunehmender Gleichstellung erschließt sich anderseits auch der Mann den Bereich des Häuslichen und die Frau, mobil werdend, das «Draussen» und das «Droben», z.B. in feministischer Theologie, auch wenn die katholische Kirche weitgehend an den antiken Diskriminierungen festhält.

Die allmähliche Auflösung der topologischen Differenz, so die letzte These, ist Effekt eines Umschlags der räumlichen Situation der Menschheit, real und im Bewusstsein: Die Menschheit hat ihre räumlichen Grenzen erreicht.

Es braucht keine Conquistadoren mehr, die aussegeln oder Cowboy- Helden, die nach Westen reiten, auf der Suche nach neuen Schätzen oder einer besseren Welt. Der Pazifik war Endstation für des westlichen Menschen Sehnsucht und Expansionsdrang und er baute sich Hollywood genau an diesem Ort. …

Die Menschheit hat insofern auf sich reflektiert, doch real, nicht nur im Geiste. Sie ist auf sich zurückgeworfen durch die Grenzen der Erde, ohne Ventil. Es gibt kein erreichbares Draussen mehr. Gesellschaften funktionieren womöglich nie mehr wie bisher, weil es keine Ausflucht mehr gibt.

Die Limitation und Erschlossenheit der Welt in Realität und Geist sowie die Säkularisierung des Geistes wirkt auf die Geschlechtertopologie zurück. Ohne Transzendenz, ohne ein Draussen, in das das phallische Alphatier erobernd vorstossen könnte, ist alles zum Drinnen geworden, zu ihrem Reich: Die Erde ist nicht mehr zu unterwerfen, sie ist unsere Behausung und als solche Domäne des häuslichen Beta.

Die Verteilung der Aufgaben, die dem Mann die schizoide Rolle zudachte, der kontrollierte Raging Bull zu sein, wurde obsolet. Immanenz des Geistes und Geschlossenheit der Welt erklären nicht nur die wachsende Macht der Frauen, sondern auch das Ende der vektoriellen Männlichkeit.

Der Mann wird sich langfristig in eine Existenz einfinden müssen, die nicht mehr auf der Trennung des Drinnen und des Draussen beruht, wo Gewalt und Aggression von ihm erwartet werden, die er manchmal austoben darf, aber im Prinzip beherrschen können muss, vor allem zu Hause.

Das Kastrationsparadigma wirkt zwar noch fort, auch aufgrund der positiven Besetzung der Wildheit, doch erweist es sich wie das topologische Geschlechtermodell als Kulturprodukt, das unzeitgemäss und daher besser der Erinnerung zu übergeben ist.”


Implizit ist beiden Ansätzen die kulturelle Konstruktion von Männlichkeit, auch wenn beide das explizit verneinen würden. Und da steckt auch die Krux der Argumentation: die eine Argumentation fordert die Schaffung von realen und metaphorischen Grenzen, die dann wieder überschritten werden können. Die dem Mann sein Sein zurückgeben können. Die andere fordert eine Veränderung des Seins, die sich der angenommenen neuen Realität anpasst.

Nur sind beide so ignorant und letztlich sexistisch in ihrer Argumentation, daß sie die wesentliche Unbekannte in ihren Argumenten nicht mal sehen: die Frage, welches männliche Sein bestehen oder sich entwickeln wird, ist doch nicht nur eine Frage schwerer männlicher Gedanken über das Droben und Draußen. Sondern auch bestimmt davon, welche Männlichkeit Frauen als attraktiv empfinden und sexuell und emotional “belohnen” werden.

Und diese Frage scheint mir nur schwer eindeutig zu beantworten – auch wenn die Kulturgeschichte – oder “das Patriarchat” selbst hier durchaus als ein nicht unbedeutendes Argument gelten könnte.

Was aber – spätestens nach der Wahl Trumps – klar ist: die Frage nach Männlichkeit, die der intellektuelle “Mainstream” in den letzten Jahrzehnten als albern abgetan hat, ist jetzt notwendig zu einem Kernbestandteil der Diskussion geworden. Und ein großer Teil dieser Diskussion um die “neue Rechte” ist eine Gender-Debatte, auch wenn sich nicht wenige, die sie führen, mit Händen und Füßen gegen diese Bezeichnung wehren würden.

[Crossposted auf facebook. / Bildquelle: NASA / Apollo 8 / Bill Anders on December 24, 1968 ]

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Sex or Six Scrabble
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Master of Sex – der Kinsey von Mainz

Vor ein paar Monaten wurde ich über eine Pressemitteilung der Uni Mainz auf eine höchst spannende Studie zum Thema “Casual Sex” aufmerksam, die Andreas Baranowski vom Psychologischen Institut der Uni Mainz durchgeführt hat. Irgendwann im April haben wir uns daher mal zwei Stunden zusammengesetzt und darüber gesprochen. Seitdem hat es die Studie sogar schon bis in die Radioshow von Dan Savage in den USA geschafft. Ein paar Ergebnisse meines Gesprächs mit dem “Kinsey von Mainz” habe ich für Campus Mainz festgehalten, nachzulesen sind sie hier:

Das Geheimnis für spontanen Sex? Frauen sind komplexer. Und Männer auch.

Bildquelle: CC Attribution 2.0 Generic, Jonathan Rolande, https://www.flickr.com/photos/jonathanrolande/16986902546/

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Das Unbehagen der Unsichtbaren.

Stefan Niggemeier hat in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung einen guten Artikel über die merkwürdige aktuelle Debatte über Tolernz oder Akzeptanz von Homosexualität geschrieben, die sich an der letztwöchigen Maischberger Talkshow zum Thema “Homosexualität auf dem Lehrplan: Droht die ‘moralische Umerziehung’?” bzw. der Petition zum Thema in Baden-Würrtemberg entzündete, aber er schneidet das zentrale Wahrnehmungsproblem, das aus meiner Sicht vor allem der Grund für diese Debatte ist, leider nur kurz an:

“Es geht um einen elementaren Teil seiner Identität, um Aspekte seines Lebens, die bei Heterosexuellen völlig selbstverständlich Teil des öffentlichen Lebens sind.”

Ich glaube genau diese Selbstverständlichkeit ist der Ursprung des Problems, weil sie – bei allen Vorteilen – eben auch zu einer Unsichtbarkeit von normhaften Verhalten führt, das deswegen auch nicht wirklich diskursiv thematisiert wird, nicht als Teil der Debatte wahrgenommen wird. Was dann vermutlich fast zwangsläufig das Gefühl entstehen läßt: wir reden immer nur über 5%. Weil ja nur dieser Teil des gesamtem Spielfelds explizit und medial beleuchtet wird.

Ich glaube nicht, daß die meisten der Gegner von “Sichtbarkeit” diese tatsächlich, wie Niggemeier das formuliert, “als einen Angriff auf ihr gottgegebenes Recht, Homosexuelle und deren Liebe weiter als unnormal und defizitär abzuwerten.”

Ich glaube eher, daß es sich dabei um ein sehr menschliches und narzisstisches Phänomen in einer medial geprägten Realität handelt. Ein Unbehagen, das sich weniger aus der Aufwertung einer anderen Identität speist, sondern aus der wahrgenommen Unsichtbarkeit der eigenen Identität. Ich glaube, es ist für die meisten Menschen zu viel Abstraktion, heterosexuelles Händchenhalten als Teil einer gesellschaftlichen Diskussion über sexuelle Identität zu begreifen.

Daher weiß ich auch nicht, ob sich dieses Wahrnehmungsproblem wirklich lösen läßt, denn die Unsichtbarkeit ist ja ein Wesensmerkmal jeder Norm.

Schwierig.

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German contact ad - "looking for a nice or a mean woman..."
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Singles, Codes, and Evolution.

Ok, let’s face it. Mating, human mating in particular, is a complex communication process involving all sorts of biological and cultural codes that no one will ever really understand – except with hindsight, when we call it evolution, because that sounds much nicer than ignorance. Hence the proliferation of experts and (particularly paid for) advice on the matter – when no one actually knows anything, then everyone can contribute without ever really being wrong about what codes to use when.

Case in point, tonight I saw a poster ad for a singles’ party at the local university this Friday. Now I suppose some people may live under the impression that studying as a whole isn’t much more than a singles’ party, but apparently, that’s no longer the case – evolution, remember? But it wasn’t the party itself that I found interesting – apparently, the organisers are going to hand out differently coloured ribbons indicating a particular person’s willingness to flirt. While I understand that coloured ribbons or other signs have long played a certain role in identifying potential partners in particular, often sexual, subcultures, where colours are usually codes for the person’s specific preferences, I am a tad bit confused about colours indicating willingness to flirt at a singles’ party for students?

Seriously, how many different kinds of flirting are there that can be usefully differentiated? Well,  I guess I have to go and see evolution with my own eyes to find out…

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Ladies, it’s in his arginine-vasopressine.

Looks like Carrie Bradshaw will lose her job pretty soon. If this research (article from Sueddeutsche.de in German) from the Swedish Karolinska Institut is indeed correct, Ms Bradshaw will no longer need to write advice columns about the mysteries of the alleged male unwillingness to couple up. Instead, in the last installment of her column, she will tell her female readership to take their men and have his genome processed to see if there’s a gene that will allow the production of sufficient levels of arginine-vasopressine. If not, then, with all due scepticism, it is suggested by the research, he may not be too big a fan of monogamy. Although, depending on the culture of your choice, he may still be inclined to marry – even 86 times, like this Nigerian man did, who has apparently been ordered to divorce 82 of his wives by a sharia court…

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Allgemein, oddly enough, sex

More on British sex (or the lack thereof)

Today, Reuters offers a possible, yet likely unrelated, explanation for the NHS’s attempts to help her majesty’s citizens to ‘sexercise’ sufficiently. According to the news agency

“half of UK men would swap sex for 50 inch TV.”

According to a survey of 2000 Britons, conducted by the British Electrical retailer Comet, asking what they would give up for a large television, it was allegedly found that 47 percent of men, yet only about a third of women would give up sex for half a year.

Questions of scientific and statistical validity notwithstanding, published just before Valentine’s day, even as a joke, that’s not exactly a compliment for British women…

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Mal ernsthaft…

Seit wann schreibt denn der Spiegel seine Schlagzeilen nach Bild Vorlage und mit Bindestrich?

“Sex-Lehrerin schickt Schüler Nacktfotos”

Ich hoffe, das bleibt ein Ausrutscher.

Ach ja, darum geht’s – eine wegen Sex mit einem Schüler offensichtlich zu acht Jahren Freiheitsentzug auf Bewährung verurteilte ehemalige Lehrerin, soll nach ihrer Entlassung angeblich bereits zweimal gegen ihre Bewährungsauflagen verstoßen und zu dem betroffenen Schüler Kontakt aufgenommen haben (vermutlich per Email…). Daher ist sie nun bis zu einem weiteren Verfahren in Haft.

Mal ehrlich – ohne den Sex mit Bindestrich vor der Lehrerin ist die Geschichte wirklich nur eine Randnotiz, und keinen Eintrag im SpOn Newsletter wert, oder?

Ach ja, auch das ist passiert, während ich Nora Tschirner beim Fußballspielen bewundert habe: Die polnische Regierung gibt sich weiterhin jede erdenkliche Mühe, nicht ein einziges außenpolitisches Fettnäpfen auszulassen und damit die Gründe für die Kritiker einer engen energiepolitischen Zusammenarbeit mit Polen frei Haus zu liefern: What goes around comes around. Der polnische Außenminister Radek Sikorski zur geplanten deutsch-russischen Baltic Sea Pipeline:

“Wir sind besonders sensibel , wenn es um Korridore geht und darum, den Osten Europas anders zu behandeln als den Westen”, so der polnische Verteidigungsminister zu SPIEGEL ONLINE. “Das erinnert an Locarno und an den Molotow-Ribbentrop-Pakt. Das ist 20. Jahrhundert.” Der Nichtangriffspakt zwischen Nazi-Deutschland und der stalinistischen Sowjetunion hatte 1939 zu einer Aufteilung Polens zwischen den beiden Mächten geführt.

Zwar habe Bundeskanzlerin Merkel den Polen Konsultationen zur Pipelinefrage angeboten, sagte der Minister auf Nachfrage weiter. Die deutsche Regierungschefin habe aber keine Bereitschaft gezeigt, an dem Deal etwas zu ändern. “Erst Entscheidungen zu treffen und dann Konsultationen anzubieten, ist nicht unsere Vorstellung von europäischer Solidarität”, so Sikorski. “Wir sind erstaunt, dass Deutschland etwas tut, das zum Nachteil der deutschen Konsumenten ist und dessen geopolitisches Ziel gegen Polen gerichtet ist.”

Die Ostseepipeline werde die deutschen Verbraucher sechs Milliarden Euro kosten, ohne dass sie dafür etwas bekämen. Dagegen untergrabe das Projekt das Vertrauen der Polen in ihren westlichen Nachbarn.

Nun mag man sich in der Tat fragen, ob es sich beim Pipeline Project um eine werthaltige Investition handelt. Aber daß die deutschen Verbraucher nichts für ihre zukünftigen Stromkosten bekommen, kann man nun nicht behaupten: Die Pipeline stärkt die gegenseitige Abhängigkeit Russlands und der EU, und reduziert die Abhängigkeit von Anbietern und Nachfrager von den Transitländern wie Polen.

Natürlich will niemand eine Konfrontation mit Polen. Aber das Problem ist doch schlicht, daß die polnische EU-/Politik der letzten Jahre, inklusive aller neu-europäischen Extratouren, mindestens soviel zu der Situation beigetragen hat wie das gute Verhältnis von Gerhard Schröder und Vladimir Putin.

Es wäre also angebracht, am Fundament für eine Zusammenarbeit in der Zukunft zu arbeiten, anstatt diese beim Jammern über die Konsequenzen einer problematischen Politik aus den Augen zu verlieren. Ich bin wirklich kein Fan von Jaques Chirac – aber hier hat mal wieder jemand die Chance verpaßt zu Schweigen.

Ach ja – Nora Tschirner ist wie immer sehenswert – auch wenn ihr neuer Film, der klischeebeladene FC Venus, leider nicht die geringste schauspielerische Herausforderung für sie bereithielt. Aber sie mag eben den Christian Ulmen… und ja, routiniert lustig ist der Film trotz der Klischees. Routine ist nicht schlecht, im Gegenteil, der neue neue junge deutsche Film muß Routine bekommen, bevor er sich kreativ wieder weiterentwickeln kann. Aber wie beim echten Fußball ist es auch hier in den Konsolidierungsphasen: Man erwartet Kunst und Inspiration und bekommt grade nur soviel davon, daß man hungrig bleibt, aber man nicht verhungert.

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Die Saudis, der Sex und die Syrerinnen.

So wie es sich ja mittlerweile unter Technologiemanagern aller Nationen herumgesprochen hat, daß die Pornobranche eine treibende Kraft der technischen Entwicklung ist – es wird ja z.B. behauptet, daß die Unentschiedenheit der Produzenten im San Fernando Valley der wirklich wesentliche Grund für die Plattformstreitereien bzgl. der DVD-Nachfolgegeneration sei – erlaubt wohl auch die nicht-mediale Rotlichtbranche einen Blick in die Zukunft von Migrationsbewegungen und internationaler Arbeitsteilung.

Für Spiegel Online hat Jasna Zajcek einen höchst interessanten Überblick über den Markt der besonderen zwischenmenschlichen Dienstleistungen in Syrien geschrieben, einem Land, in dem Prostitution offiziell natürlich vollkommen verboten und mit hohen Gefängnistrafen belegt ist. Die Strafen sind nicht ganz so extrem wie in Afghanistan unter den Taliban, aber Frau Zajcecks Bericht ist wieder mal ein Beleg dafür, daß eine kulturell bedingte extrem restriktive Handhabung dieses Marktes weder die Kultur noch die das Geschäft ausübenden Frauen schützt.

Im Gegenteil, die männliche kulturelle Dominanz führt scheinbar dazu, daß die “costs of breaking the law” vor allem von den Frauen getragen werden, was in Extremfällen wie dem Afghanistan der 1990er Jahre
zwar nicht zum Verschwinden des ältesten Gewerbes der Welt geführt hat, wohl aber zur nahezu vollständigen Verelendung der Prosituierten, wie Berichte der afghanischen Frauenrechtsorganisation RAWA (Revolutionary Association of the Women of Agfhanistan) nahelegen (Rawa: Prostitution under the rule of Taliban) .

Immerhin, der Bericht legt nahe daß zumindest ein wesentlicher Teil der in Syrien tätigen Frauen der Tätigkeit aus eigenem Vermögensinteresse und nicht unter direktem Zwang nachgeht.

Im Hinblick auf das vor einigen Tagen bekannt gewordene Verhalten einiger Kölner Moslems wegen der Abbildung der Saudischen Flagge auf einem Plakat (neues Fenster) des Kölner Bordells “Pascha” ist der folgende Teil des Artikel ganz besonders Aufschlußreich…

Bei der Damaszener Immobilienagentur “Ak-Kaarai” mieten vor allem Saudis “Apartments mit Hausmädchen”, die sich dann um die Erfüllung aller Wünsche kümmern und bei Nichtgefallen von der Agentur ausgewechselt werden. Zu den Aufgaben des Hausmädchens gehört auch die Organisation von dienstbaren Kolleginnen rund um die Uhr.

Ein “Einsatz” wird normalerweise mit zwanzig Dollar berechnet, und “die ganze Nacht gibt es für hundert Dollar” erklärt leise ein Mitarbeiter der Agentur, der ungenannt bleiben möchte. Er beschreibt das Prozedere: Kurz nachdem der Auftrag die Damen auf ihrem Mobiltelefon erreicht, kommen diese per Taxi ins Apartment. Da der staatliche Sicherheitsdienst tagsüber, solange die europäischen Kulturtouristen den Charme der sechstausend Jahre alten Stadt genießen, wachsam ist, verhüllen sich die Damen aus dem ältesten Gewerbe der Welt zum “Special Room Service” unter Kopftuch und dem traditionellen, schwarzen islamischem Gewand.

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Blogging helps you getting laid!

Well, or something to that effect – via netzpolitik.org

In this week’s Media Guy column for Advertising Age magazine, Dumenco contends that knowledge of the hippest, hottest blogs can increase hook-up opportunities and boost sexual attractiveness. He maintains some people are using niche blogs such as Gawker.com and Defamer.com to gain pop cultural insights that make them more socially desirable and ultimately more likely to get lucky. (source: Blog-savvy surfers in it for the sex)

It should be noted, though, that a) I’m still waiting for my first groupie, despite already having blogged since 2002 (and being a singer/songwriter, although I “ain’t a rockstar” (play song (mp3 streaming) / more of my songs) and b) German research from 2004 is underscoring my groupie-less experience. You can read what I wrote about it back then over on afoe. A little preview –

Apparently, according to the university’s press release, Prof. Schütz’ team has concluded that people who own homepages – mostly very well educated men, only 13% women – appear to be more uncertain in social conduct, less able to deal with criticism and have a more negative image of themselves than people who have not yet left any trace on a Google harddrive. Prof Schütz therefore assumes that websites are used as a substitute communication-tool because direct interpersonal contacts are more difficult to handle [for a part of] the owners of websites than for other people – even though she explicitly notes that dating is not something web authors have usually in mind….”

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