media, Sport

In dubio pro reo?

Gerade lief in der ZDF Nachrichtensendung “heute” ein Bericht über die Pressekonferenz, auf der Jan Ullrich heute seinen Rücktritt vom Profisport bekannt gab. Die Kommentatorin beklagte dabei, daß Jan Ullrich

“wie fast alle Verdächtigen kein Schuldbewußtsein gezeigt habe.”

Wenigstens ist die kommentierende Redakteurin, wenn auch vermutlich unabsichtlich, ehrlich. Die wenigsten werden so offen vorverurteilen. Aber es zeigt, wie sehr uns allen, aber vor allem den Medien, allgemein – aber insbesondere in Bezug auf Doping (im Radsport) – die rechtlichen und moralischen Kategorien verschwimmen.

Das ist ein Problem bei dem wohl auch ein später Unschuldsbeweis für Jan Ullrich nicht helfen würde.

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Fußball, Sport

Wir wollen doch nur spielen. In der ersten Bundesliga.

Als Hans Meyer, Trainer des 1. FC Nürnberg, gestern Abend im Aktuellen Sportstudio seine Fußballphilosophie dahingehend beschrieb, daß er seinen Profis immer wieder klarmache, daß es sich bei ihrem Beruf um ein “Spiel” handele, da war mir klar warum er sich – abseits aller Rivalität auf dem Platz – mit Jürgen Klopp so gut versteht. Denn das Spielerische, das “Spielen wollen”, ist vielleicht das wesentlichste Merkmal der von Klopp trainierten und oft etwas abschätzig als “Karnevalsverein” bezeichneten Mannschaft.

Natürlich ist es nicht immer einfach, ein solches Prinzip hochzuhalten, wenn es nicht in der eigenen Natur liegt und die sportliche Situation keinen Anlaß zu Jubelarien gibt – so wie es in der gesamten Hinrunde für Mainz 05 der Fall war. Sollte Nürnberg unter Hans Meyer einmal in eine solche Situation geraten, würde sich schnell herausstellen, ob auch in Nürnberg der Verein und das Umfeld seine für den Profifußball schließlich geradezu wesensgehaltsverändernde Einstellung teilt.

In Mainz wußten wir das zwar schon immer. Aber auch ein wenig Selbstvergewisserung ist manchmal ganz angenehm – erst recht, wenn sie so unprätentiös und dennoch pathetisch formuliert ist, wie in diesem NEON-Forums-Artikel von “beenerin.

“Die Hoffnung nicht aufgeben. Den Glauben nicht verlieren. „Jetzt erst recht!“ zierte als Schriftzug die Caps und Mützen von Spielern und Trainerstab. Und: „Wir können das hier noch wenden!“, wurde Kloppo nicht müde zu beteuern. „Mainz ist noch nicht abgestiegen, auch wenn das manch einer jetzt schon glaubt!“, beteuerten Präsident und Manager einheitlich und mit fester Stimme.

Und die Fans? Standen zu ihrer Mannschaft, ohne sich erkennbare Vertrauensmängel anmerken zu lassen. Natürlich schummeln jene, die sagen sie hatten keinen düsteren Moment gehabt, in dem ihnen der rechte Glaube fehlen wollte. Und selbstverständlich hat man das Stadion oder die Kneipe öfter mal verlassen und geflucht über den Grottenkick, neben dem einem mehr Bier in den Hals geflossen war als geplant – oder man sich im Stadion auf deutsch gesagt den Arsch abgefroren hatte: und für was? Aber nichts brachte die Besetzung der Mainzer Fanblocks dazu, ihre Unterstützung für das Team oder den Verein aufzugeben: es wurde mit-gekämpft.

Die Spieler wurden nach jeder Heimniederlage mit einem überzeugten „Auswärtssieg“- Sprechgesang angefeuert, Trainer und die Buben in rot-weißen Shorts nie angefeindet oder gar ausgebuht. Als die Mannschaft auf den letzten Platz abrutschte, bekräftigten die Fans ihren Zusammenhalt mit dem Verein, in dem sie Transparente trugen, auf denen zu lesen war, „Ich geh mit meiner Laterne!“. Und heute, wo in Mainz plötzlich ein Spiel nach dem anderen gewonnen wird, da gibt es keinen Fan, der sich nicht sicher ist, einen Anteil am wiedergekehrten Erfolg zu haben. „Weil, ich hab doch immer an die Jungs geglaubt. Und an den Kloppo. Der macht das schon!“

Das ist mein Verein.”

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media, oddly enough, US Politics

Patterns.

The Economist thinks there may be a pattern…

“HISTORY can be kinder to presidents than journalists and voters are. Like Truman, Johnson and Nixon before him, George Bush has seen his approval ratings wither under the burden of an unpopular war. But all three of those presidents look better now than they did when they were in power.…” (American politics | Saving the Bush presidency | Economist.com, behind subscription wall)

I think The Economist has far too many “natural Republican” readers in the US to maintain any kind of journalistic credibility in this respect. They should simply stop reporting the issue, but instead they keep writing and wet themselves whenever they put the name George W. Bush on the cover… that’s also quite some pattern.

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media, USA

Something’s going on in America…

and I think we can call it “slow Europeanization”.

Think about it for a moment, Rumsfeld fired, Cheney on the verge of being impeached by GQ magazine, President Bush can’t make up his mind about dropping some bombs on Iran, and now this: Reuters reports that the FCC (the organization regulating American tv) is considering to regulate the depiction of violence on the screen.

The Federal Communications Commission is considering a report to Congress claiming that the agency can regulate TV violence the same way it regulates indecency if lawmakers give it the authority, sources said Thursday.

What’s next? No public uproar in the case of another Janet Jackson bra-accident? Or a general display of decency on tv? No more Britney Spears jokes? (link to a youtube.com video of CBS’ Craig Ferguson’s already famous recent monologue about helping, not exploiting someone who needs help).

Will the rest of the world have to reconsider their mental image of America for the second time in five years?

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media, US Politics, web 2.0

GQ? Why GQ?

Just found this via the truly amazing DIGG Labs flash visualisations of the Diggosphere. The Raw Story reports that –

“In the March issue of GQ, Wil S. Hylton argues that Vice President Richard Cheney should be impeached for committing “high crimes and misdemeanors.”

Now I suppse there was a small chance for this to appear in Hustler magazine, although Larry Flynt is better known for being sued that for suing. But GQ? I’m confused. Maybe they just want to give everyone an good alibi, you know… I’m just reading Playboy for the interviews…. and I’m just reading GQ for the impeachment proceeedings…

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compulsory reading, Iraq, Political Theory

Patches of War.

I don’t know how many black sheep there are in the US army in Iraq today. But I suppose there are a lot who never imagined their fur would even feature a single black patch, because, probably, given normal circumstances, they’d likely have remained white all their lives.

Stress, anxiety, guys stewing in their own testosterone for extended periods of time. That’s one of the, sometimes intended, but always terrible consequences of war: it hardly ever creates heroes and almost always creates thugs.

It’s not the war per se, but the violence it inevitably brings wit it – think of the Stanford Prison Experiment, remember Liran Ron Furer’s “Checkpoint Syndrome” for just two chilling accounts of the effects violence on “white sheep”. And if some sheep are already black in disguise, war certainly attracts them, as it, at least partly, legalizes behaviour that is considered criminal in peacetime.

But there are limits, and the above argument can only serve as a reminder to those in power, that it’s not just Patriot Games they play, never as an excuse for the murder of an Iraqi family and the gang-rape of their 14year old daughter – BBC NEWS | Americas | US soldier admits murdering girl.

A couple of years ago, someone left some sick spam comments about amateur pornography featuring raped Iraqi women (almostadiary.de: “The most disgusting porn spam ever“). In light of this story I can’t help but wonder if the offer wasn’t just the result of someone’s unfortunate experiments in role playing with a video camera.

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compulsory reading, German Politics, Political Theory

Das Ende vom Links.

Es war einmal eine Zeit, da war es “cool”, “links” zu sein, zumindest, wie Bertrand Russel uns lehrt, solange man jung noch war. Damals hatte “links” auch noch eine geringe inhaltliche Komponente, die über die a priori-Annahme hinausging, das alle wirtschaftlich und gesellschaftlich Schwachen allen wirtschaftlich und gesellschaftlich Starken moralisch überlegen sind.

Auch wenn schon die Absurdität einer solchen Annahme für jedes politische Engagement, das ja zumeist mit der relativen Veränderung wirtschaftlicher und sozialer Rangordnungen einhergeht, die empirische Bestätigung durch jahrzehntelange sozialistische Feldversuche eigentlich nicht benötigte.

Insofern hat es sicher auch sein Gutes, daß “links sein” für Gregor Gysi, einem der Fraktionsvorsitzenden der “LINKEN” im deutschen Bundestag, bedeutet, “gegen Armut zu sein”, wie er kürzlich in einer Talkrunde zum Thema “Mindestlohn” erwähnte. Wow. Das ist tiefgründig.

Angesichts der Inhaltsleere solcher Aussagen möglicher Vordenker sollte es nicht überraschen, daß sich Linkssein für Jugendliche heute vor allem in einer “Ich bin dagegen! Worum gehts?”-Haltung erschöpft, manchmal verbunden mit Aktionen, die ein diffuses Unwohlsein mit einem ebenso diffusen moralischen Bewußtsein verknüpfen. Zumeist argumentationslos und faktenleer.

Ein Beispiel ist die Aktion “I don’t like G8”, über die ich über ein Banner auf einem anderen Blog gestolpert bin – eine Revolution dürfte dabei allerdings nicht herauskommen.

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Allgemein

Fastnachtsdienstag…

ist, wenn man mal ehrlich ist, doch der eigentliche Aschermittwoch. Nach dem karnevalistischen Orgasmus am Rosenmontag wirkt der folgende Dienstag doch zwangsläufig wie ein zu lange geratener Epilog eines spannenden Films oder der allzu oft zu beobachtende unerträglich hingezogene Abschied einstmals Mächtiger.

Nicht, daß ich deswegen den Aschermittwoch vorverlegen wollte – man stelle sich nur mal vor, all die an den morgen stattfindenden politischen Aschermittwochen Beteiligten hätten zum Abbau des am Rosenmontag konsumierten Alkohols ohne den Fastnachtsdienstag auskommen müssen -, aber wir sollten seine wirkliche Aussage trotz, oder wegen, Katerstimmung nicht vergessen.

Und hier, zur Erinnerung, hat Die Zeit noch ein paar Bilder aus Brasilien – ZEIT online – Carnaval do Brasil.

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Fußball, oddly enough, Sport

Abstiegskampf.

Sicher, in München ist der Abstiegskampf eher ein Kämpfchen, und dann auch noch eines, das sich hauptsächlich im Kopf der dort auf und neben dem Platz Aktiven abspielt. Anders sieht das eben im Moment für die gesamte zweite Tabellenhälfte der Bundesliga aus, auch für Mainz 05, trotz der 13 Punkte aus den letzten 5 Spielen.

Inwieweit daher das Kompliment, das Karl-Heinz Rummenigge, Vorstandsvorsitzender des FC Bayern München, am Montag mit Bezug auf den anstehenden Champions League Auftritt der Bayern bei Real Madrid den Mainzern laut Standard.at machte –

“Ich bin neugierig, was wir da abliefern werden. Ich hoffe, Besseres als die letzten Monate”, stichelte Rummenigge, der den Münchner Profis am Rosenmontag sogar den “Karnevalsverein” Mainz 05 in punkto Leidenschaft als Vorbild empfahl. “Wenn ich sehe, wie die in der Bundesliga ums Überleben kämpfen – das würde ich mir auch von unserer Mannschaft wünschen.” –

für die Seinen eine übers Rhetorische hinausgehende Bedeutung haben kann, sei mal dahingestellt.

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Bürgerrechte

netzpolitik.org macht depressiv.

OK. Eigentlich sind es die Themen, über die dort berichtet wird (und fast nirgendwo sonst). Aber ich hätte mir eigentlich denken können, daß es nicht so clever ist, mich vor dem Rosenmontagszug über die neuesten Auswüchse der deutschen Überwachungswut zu informieren. Wer liest, dem wird schlecht.

Wer nicht liest, dem dürfte allerdings in Zukunft noch viel schlechter werden. Ich denke übrigens über einen CDU-Eintritt nach – vielleicht kann man von innen effektiver gegen diese schleichende, freiwillige Selbstzerstörung der fundamentalen Grundlagen unseres Gesellschaftssystems vorgehen.

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